Es gibt sie zuhauf, facettenreich: Fitnessstudios. Ob nobel mit modernstem Equipment und flauschigem Wellnessbereich oder im Stile der klassischen Muckibude, jeder Studioaffine findet seine individuell-präferierte Heimat. Umkämpft ist er, der Markt um zahlungskräftige, bewegungswillige und relaxing-bedürftige Kunden. Und umso mannigfaltiger – beizeiten sogar seltsam skuril anmutend – die Strategien zur Kundenwerbung, oder besser: Kundenvertreibung?
Bühne für folgende Szenerie: Ein etablierter Club zentral und in guter Lage platziert. Die ursprüngliche Kette insolvent, flugs inhaliert von einem global agierenden Kontrahenten. Da wägt sich der Kunde anfangs in Sicherheit, sogar in der naiven Hoffnung Negatives würde sich in Positives wandeln. Aber weit gefehlt. Es beginnt ein sukzessiver Prozess der kommerziellen Mutation, langsam, am Anfang kaum spürbar aber heute unaufhaltbar progressiv.
So vergehen nach Übernahme mindestens ein halbes Dutzend Monate bis ein neues Branding durchgehend Einlass findet. Und erst nach Überschreiten der Jahresfrist realisiert ein Großteil der Kunden überhaupt, dass die Mitgliedsbeiträge einen anderen Empfänger haben. Denn die Schergen sind urplötzlich nicht mehr zu übersehen. Wedeln sie dem Mitglied doch bei jedem Betreten der heiligen Hallen ihre angeblich neuen Superverträge entgegen. Und wer nicht unterschreibt ist raus. Immerhin für einige Fitnessmuffel eine willkommene Möglichkeit dem Tempel endgültig den Rücken zu kehren. So entschwindet die erste Welle.
Dann die Trainer. Nicht mehr einheitlich orange gekleidet, sondern variabel in rot oder schwarz. Der Grund wird dem ahnungslosen Kunden auf Anzeigetafeln signalisiert: Schwarz heißt Personaltraining, heißt zahlen. Rot heißt eigentlich auch so etwas wie Personaltraining, zumindest wird der Kunde auch von dieser Spezies individuell gecoacht, jedoch nur einmalig, als Anreiz sozusagen beim nächsten Mal schwarz zu wählen. Rot ist manchmal auch schwarz und schwarz dann rot. Aber rot stirbt langsam aus. Schwarz nimmt überhand. Und mit schwarz kommen spezielle Spielzeuge, die nur in Begleitung von schwarz in ausgewiesenen Zonen beturnt werden dürfen. Betreten dieser Zonen ohne ein Coachingpaket mit schwarz, ist untersagt. Auch dies wird auf Schildern signalisiert. Besonders paradox: Ist ein Kunde selbst stolzer Besitzer eines solchen Spielzeuges und importiert dies in den Tempel, gibt es auch für die Benutzung dieses Regularien. In den extra dafür angelegten Zonen ist die Benutzung aufgrund von akuter Lebensgefahr ohne Beisein eines schwarzen Trainers tabu. Dafür aber ist das eigenständige Turnen in weniger geeigneten, aber von anderen Kunden hoch frequentierten Zonen erlaubt. Weniger lebensgefährlich? Absurd, da sinken Laune, sinken Mitgliederzahlen. Stetig und unaufhaltsam.
Dann gibt es noch Trainer, die passen einfach nicht ins Konzept. Die wollen keine Farbenklassen. Die wollen einfach ihre langjährigen Kunden und Kurse weiter bedienen. Im Gesamtkonzept also ein bisschen was wie Meuterei. Diese Querschießer werden dann einfach nicht mehr bezahlt. Und wenn sie dann aufmucken, bekommen sie ad hoc Hausverbot. Weg also. Und mit ihnen weitere Kunden.
Und nun der neuste Trend: Kinderschwimmen. Auch hier schleichend aber unaufhaltsam im Vormarsch. Anfangs Samstags, dann in den Schulferien. Die wenigsten hat es gestört, betraf diese Geldeinnahmequelle doch lediglich Randzeiten. Dann aber die Invasion. Eine ganze Kinder-Schwimmschule findet Heimat in einem so titulierten Fitness- und Wellnessclub. Passen Kinder in ein Etablissement, das Menschen eine Stätte für Training, Entspannung, Ruhe und Wellness bieten soll? Gehören Kinder nicht in einen Sportverein wo sie sich ohne Rücksicht auf Ruhezonen austoben können? Nun tummeln sie sich nachmittäglich in verständlich-typischer Kindermanier in Pool und Umkleide des Fitnessstudios. Wo mag das hinführen? Der smarte Leser mag es erahnen…