Schnorrer sind keine seltene Spezies. Sie lauern und lungern heimtückisch, vorerst unentdeckt und schwierig zu enttarnen vielerorts oder aber betreten ganz ungehemmt die Lebensbühne. Im verhetzen Alltag sind sie häufig schwer zu kategorisieren, da in vielen Unterarten präsent. So bedarf es eines Innehaltens, gilt es die Sinne zu schärfen um diese Spezies dingfest zu machen, sich ihrer zu erwehren und sich nicht übertölpeln zu lassen.
Einfach zu erkennen geben sich die offenkundigen Systemschnorrer. Die üblichen Scharmützel wie eine vergessene Geldbörse oder der angeblich weit entfernt platzierte Geldautomat sind recht schnell zu enttarnen. Ein ebenfalls offensichtlich-ausgeklügeltes System legen eigentliche nikotin-abstinente aber in Alkohol-Gesellschaft zum Raucher mutierte Tabakschnorrer an den Tag. Ok, der durch letztere angerichtete Schaden hält sich in der Regel in Grenzen.
Subtiler dagegen verhalten sich die Exemplare, die bei einem gemeinsamen Besuch eines Konsum-Etablissements eine äußerst zurückhaltende Zahlungsmoral an den Tag legen. Nennen wir diese die verdeckten Systemschnorrer. In großen Gruppen versteckt ist dieser Schmarotzer besonders schwer zu identifizieren. Insbesondere wenn er seine Auftritte gut gewählt und wohl dosiert auf divergierende Gesellschaften verteilt. Wer weiß denn schon in seinem Brausebrand wer genau wann zur Durstlöschung des trinkfreudigen Kreises beigetragen hat. Dann noch ein paar Wochen bis zum nächsten Auftritt verstreichen lassen – so kann er lange Zeit unentdeckt im Hintergrund sein Unwesen treiben, der verdeckte Systemschnorrer.
Nicht ganz so leichtes Spiel haben da die Kandidaten, die über einen weniger weit gefächerten Freundeskreis verfügen. Da bedarf es etwas mehr Kreativität, will man lange unentdeckt auf Kosten der anderen Trinkkumpane konsumieren. Ein geschickt eingefädelter Toilettenbesuch, ein polnischer Abgang zum richtigen Zeitpunkt oder die bereits erwähnte vergessene Geldbörse können Abhilfe schaffen. Der Vergessliche allerdings nehme sich in Acht, nicht umgehend als offenkundiger Systemschnorrer enttarnt zu werden.
Weitaus gravierendere Scherereien jedoch bereiten die so titulierten Zeitschnorrer – hier insbesondere die verdeckt agierenden. Offenkundige Zeitschnorrer – die da sind notorische Zuspätkommer, Labertaschen und Nicht-Zuhörer, sind schnell zu identifizieren. Einfach und ohne weitere Zeitverluste zu eliminieren sind sie allerdings nur bei Vorhandensein weiterer unsympathischer Charakterzüge. Erscheinen sie uns dagegen offensichtlich liebenswert, kann die an sie verschenkte Zeit durchaus inakzeptable Umfänge annehmen.
Verbleibt der gefährlichste Schnorrer, der subtil und verdeckt agierende Zeitschnorrer. Es verstreichen in der Regel mehrere gemeinsam verbrachte Stunden, bisweilen auch Tage, bis überhaupt eine Chance besteht diese Spezies als Schnorrer zu erkennen. Meist handelt es sich dabei um Wesen mit einem hohen Problempotenzial und mangelnder Fähigkeit zur Selbstreflexion. Besonderes Gefahrenpotenzial birgt diese Unterart für Menschen mit Tendenz zum Helfersyndrom. In gebetsmühlenartiger Marnier konfrontiert dieser Schnorrer sein Gegenüber bei jedem Kontakt erneut mit der identischen Problematik und bittet um Rat. Der geduldige Zuhörer sucht nach Lösungen, gibt Ratschläge, hört zu. Mit all den Ratschlägen und der gefressenen Zeit zieht der verdeckte Zeitschnorrer von dannen um dann kurze Zeit später erneut zuzuschlagen und geschickt eine Wiederholung der Prozedur einzufädeln.
Also liebe Leute, halte inne, nehmt euch in acht vor Schnorrern aller Art und hütet eure Habseligkeiten. Denn insbesondere Zeit ist heute ein heiliges Gut!