Wegweisendes Race!

Selten aber dafür umso einschlägiger erlebe ich manchmal Momente oder Situationen, dir mir urplötzlich und glasklar offenbaren, wo der richtige Weg lang geht. Und dafür bin ich im Nachhinein unglaublich dankbar. So geschehen bei meinem Start bei der Mitteldistanz in Herrenkoog am Wochenende. Aber der Reihe nach.

Am 3. Juni startete ich mit meiner Regionalligamannschaft in die Triathlon-Saison. Mein Race war durchwachsen. Lausig die Schwimmperformance, sensationell mit einem 37er Schnitt mein Radpart, verhalten der Lauf. Aber ich war zufrieden. Insbesondere, da ich überhaupt schmerzfrei laufen konnte. Ein Wochenende später: Itzehoe. Ein zweigeteilter Ligawettkampf, morgens ein super kurzes Schwimm-/Laufspektakel, nachmittags ein Sprint als Jagdrennen mit den Abständen vom Morgen. Ein Format viel zu kurz für mich wie ich finde, habe ich mich doch im Training auf meinen Ironman in Frankfurt fokussiert und bisher hauptsächlich im Grundlagenbereich trainiert. Und eigentlich bin ich auch viel zu alt für so einen Kurz-Alarm ;-)). Aber ich habe für mein Team gekämpft und war auch hier mit meiner Leistung soweit zufrieden. Nur das Schwimmen wiederum ungewöhnlich schwach. Vielleicht zu viel anderes in meinem Kopf?

Dann Herrenkoog. Gemeinsam mit einer Freundin tingelte ich hochmotiviert gen dänische Grenze. Eine Mitteldistanz drei Wochen vor dem Ironman, perfekte Vorbereitung! Das weiß ich von meinen letzten Starts. Als Zweite entstieg ich nach einem guten Schwimmen dem kleinen Tümpel. Endlich mal wieder. Auf dem Rad dann konnte ich meinen Augen kaum trauen. Die Wattzahlen wollten einfach nicht unter 220 fallen. Viel zu hoch eigentlich, aber die Herzfrequenz war in Ordnung. Also weiter mit der gleichen Belastung gefahren und das ging gut. Auf der letzten Runde ließ die Kraft, die Herzfrequenz etwas nach, aber ich schob das auch auf den starken und wie ich fand stetig zunehmenden Wind. Ich freute mich aufs Laufen. Die Führende, eine Freundin von mir, war weit enteilt, nicht zu schnappen (Glückwunsch an Lisa Müller-Ott an dieser Stelle noch einmal für die tolle Performance). Wieviel Vorsprung ich auf die Dritte hatte, wußte ich nicht.

Schnell in die Laufschuhe gewechselt, realisierte ich bereits nach wenigen Metern perplex, dass gar nichts lief. Eine Pace unter 5 Minuten? Fehlanzeige. Und so war die erste von vier Runden bereits eine Qual. Zum Glück erspähte ich meine Freundin nach fünf Kilometern nicht, denn sonst wäre ich sicher ausgestiegen. Also über die nächste Runde gequält. Und da schoss es mir erstmals durch den Kopf: Frankfurt? Ironman? Ich? Nein, nicht mit mir. Dieses Jahr nicht. Skepsis war schon seit Monaten vorhanden, zu groß waren und sind andere Themen in meinem Leben derzeit. Aber so recht wollte ich den Tatsachen nicht in die Augen sehen. Mit diesen Gedanken schleppte ich mich weiter über die Strecke. Nach 10 Kilometern erspähte ich dann Regie. Ich stoppte bei ihr. Groß sei mein Vorsprung, sagte sie (Danke Regie für den großartigen Support, das war toll!). Das motivierte mich weiterzulaufen, obwohl die Schmerzen in meinem Oberschenkelmuskel langsam unerträglich wurden. Ich schlappte weiter vor mich hin, stolperte sogar einmal über meine eigenen Füße und kontaktierte den steinigen Untergrund. Die Kontrolle über meine Beine kam mir zunehmend abhanden. Aber paradoxerweise war es der Gedanke in Frankfurt nicht zu starten, der mich motivierte weiterzulaufen. Nicht schon wieder einen Wettkampf (ungewollt in Wales, geplant auf Mallorca) nicht finishen. Die vierte und letzte Laufrunde spickte ich dann mit einigen Gehpausen, schaffte es aber tatsächlich meinen Vorsprung ins Ziel zu retten und 250 Euro Preisgeld für den zweiten Platz zu ergattern :).

Ich war glücklich! Auch über meine Gedanken hinsichtlich Frankfurt. Eine angenehme Erleichterung machte sich in mir breit. Empfindungen im Laktatnebel? Ein wenig skeptisch war ich noch, fürchtete eine neu entfachte Ironman-Lust mit ein wenig zeitlichem Abstand. Aber tief in mir drin wußte ich, dass ich dieser Herausforderung derzeit nicht gewachsen bin. Nicht körperlich, vielmehr mental erscheint mir eine Langdistanz momentan eine Nummer zu hoch für mich. Und glücklich war ich, als ich am nächsten Morgen immer noch diese Erleichterung spürte. Sogar mein Ausflug an die Ironmanstrecke in Regensburg als Supporterin von Vanessa und Kati am selben Tag ließ keine Zweifel aufkommen. Und so habe ich beschlossen, dass die Langdistanz in diesem Jahr nicht meine Wettkampfstrecke ist. Mit der vollen Unterstützung von meinem Coach haben wir eine neue Saisonplanung gestrickt und ich freue mich sehr auf einen wettkampfreichen Sommer über die Kurz- und Mitteldistanz mit einigen spannenden Herausforderungen.

Meine bisherigen Erfahrungen in mittlerweile vier genfishten Ironman-Rennen haben mir gezeigt, dass ein solches Event nicht nur eine unglaubliche Herausforderung und hohe Belastung für den Körper darstellt. Insbesondere auch die mentale Fokussierung kostet viel Energie, Kraft und Zeit. Energie, Kraft und Zeit, die ich derzeit nicht in dieses Projekt stecken möchte, sondern für andere ebenso spannende Dinge in meinem Leben zur Verfügung haben möchte. Ich habe viel erreicht in meinem Sport und bin dafür sehr dankbar. Nun möchte ich nicht den Spaß am Triathlon verlieren durch ein Rennen, dem ich mich insbesondere mental derzeit nicht gewachsen fühle.